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Was sind Ihre Prioritäten als neuer Beauftragter der Kanzlerin für die Deutsch-Griechische Versammlung zur Förderung der bilateralen Zusammenarbeit in der nächsten Zeit?
Seit April 2018 bin ich der neue Beauftragte der Bundeskanzlerin für die DGV. Für mich steht der Aspekt der Nachhaltigkeit im Vordergrund.
Wir ziehen Bilanz. Wir sprechen von knapp sechs Jahren Aufbauarbeit, in der Beachtliches geleistet wurde. Es war eine Findungsphase, in der Themen und Schwerpunkte der Zusammenarbeit diskutiert und Leitlinien für unsere Zusammenarbeit entwickelt wurden. Schließlich haben sich die Partner gefunden, und ein dynamisches Netzwerk ist entstanden.
Mein Fazit: Die DGV ist ein in Europa einzigartiges Modell mit großen Möglichkeiten. Nun müssen wir kommunale Partnerschaften so gestalten, dass sie dauerhaft bestehen und über die DGV-Arbeit hinaus sich eigenständig erfolgreich entwickeln können. Es geht uns auch um ein näheres Verständnis zwischen Deutschland und Griechenland. Wenn sich Menschen im Rahmen einer kommunalen Partnerschaft begegnen, kann das nur ein Gewinn für Europa sein.
Am Herzen liegt mir zudem der Bezug zum lokalen Mittelstand. Es gilt Katalysator zu sein für eine Stärkung der lokalen Wirtschaft. Vor dem Hintergrund der hohen Jugendarbeitslosigkeit muss es unser Anspruch sein, Perspektiven vor Ort in Griechenland zu schaffen. Mir geht es dabei um enge Kooperationen zwischen Kommunen, Kammern und kleinen bis mittleren Unternehmen. Mehr Wachstum also von unten. Felder gibt es genug: Ob Ausbildung, Landwirtschaft, erneuerbare Energien oder Tourismus. Starke Kommunen brauchen eine starke lokale Wirtschaft.
Was ist Gegenstand der diesjährigen 8. Jahreskonferenz der Deutsch-Griechischen Versammlung auf Kreta? Was ist die Botschaft des Mottos "Vom Mythos Europa zum gelebten Europa"
Zentraler Programmpunkt ist die sogenannte Partnerschaftsbörse. Bürgermeister, Landräte und Gouverneure treffen auf ihren jeweiligen Partner aus dem anderen Land und besprechen ihre weitere Kooperation. Kommunalvertreter, die zum ersten Mal dabei sind, haben die Möglichkeit, eine neue Partnerschaft einzugehen.
Darüber hinaus haben die Konferenzteilnehmer während des ersten Veranstaltungstages in Workshops die Möglichkeit, gegenwärtige kommunalpolitische Herausforderungen miteinander zu diskutieren. Dabei geht um die Chancen Jugendlicher auf dem Arbeitsmarkt, über die Integration von Flüchtlingen bis hin zu Erneuerbaren Energien und dem Umgang mit Abfallproblematiken. Am zweiten Konferenztag werden in Study-Tours Best-practices zu den Themen „Tourismus“, „Landwirtschaft“, „Einsparung von Wasserressourcen“, und „Ausbildung“ präsentiert. An dieser Stelle möchte ich ganz besonders der Stadt Hersonissos, der Region Kreta und der Kammer Heraklion für die hervorragende Organisation der Konferenz danken.
Das Motto der DGV VIII „vom Mythos Europa zum gelebten Europa“ ist Ergebnis unserer bisherigen DGV-Arbeit und gleichzeitig der Ausblick in die Zukunft. Die Botschaft ist klar: Auf kommunaler und regionaler Ebene sind die Menschen am unmittelbarsten von politischen Entscheidungen betroffen. Hier werden die kleinen Dinge groß und die großen Dinge konkret. Bürgerinnen und Bürger beider Länder arbeiten hier gemeinsam ganz konkret an Projekten und suchen Lösungen für Probleme, die sich in beiden Ländern stellen. Es hat sich gezeigt, dass die Zusammenarbeit auf kommunaler und regionaler Ebene mittlerweile eine unverzichtbare Aufgabe im bilateralen Verhältnis unserer beiden Länder ist.
Aktuell sind wir dabei unsere Themen für die Zukunft zu definieren. Eine Fülle von Anfragen und Ideen liegen vor, gleichzeitig haben wir aktuell 60 laufende kommunale Partnerschaften. Wir dürfen uns nicht verzetteln. Wir müssen den richtigen Fokus setzen und in klar definierten Feldern nachhaltige Strukturen schaffen.
Die neue strategische Ausrichtung wird auf unserer Jahreskonferenz gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden beider Länder diskutiert. Grundlage für diese Diskussion ist eine Umfrage, die mit allen aktiven Kommunalpolitikern in Griechenland und Deutschland durchgeführt wurde, die Teil unseres DGV-Netzwerks sind. Ich bin zuversichtlich, dass die Ergebnisse eine neue Phase unserer Zusammenarbeit einleiten.
Welche Kooperationen bezwecken Sie in den Bereichen Tourismus und Kultur?
Ich möchte noch einmal das Rollenverständnis des DGV-Beauftragten hervorheben. Ich verstehe mich als Prozessbegleiter um der kommunalen Stimme Gehör zu erschaffen und dabei zu unterstützen, dass die Vorhaben schnell und effizient umgesetzt werden können.
Ich freue mich ganz besonders, dass wir mit der neu berufenen DGV-Beauftragten der griechischen Regierung, Rena Dourou, eine engagierte Mitstreiterin für diese Sache gewonnen haben. Ich werte dies als einen Neubeginn unserer konstruktiven Partnerschaft in der DGV und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.
Die Leitlinien und Themen unserer Arbeit werden in einem sogenannten kommunalpolitischen Gremium diskutiert und entschieden. Dieses setzt sich paritätisch aus Vertretern der deutschen und griechischen kommunalen Spitzenverbände zusammen. Die Projekte entwickeln sich letztendlich in den Kommunen selbst. Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und spielt daher in Griechenland eine besondere Rolle. Viele unserer kommunalen Partnerschaften fokussieren sich bereits auf dieses Thema. Ich sehe hier großes Potential. Denken wir beispielsweise an die Ausdehnung der Tourismussaison, oder innovative Konzepte in den Bereichen Wander- und Pilgertourismus.
Kultur ist ein zentraler Bestandteil unseres alltäglichen Umgangs miteinander. In den letzten Jahren konnten wir Jugendbegegnungen im Rahmen unserer Partnerschaften initiieren. Erst vor wenigen Wochen haben 160 Musikschüler aus Demmin und Lesbos gemeinsam ein Konzert in Griechenland gegeben.
Ich freue mich ganz besonders, dass bei dem kürzlich stattgefundenen Besuch des Bundespräsidenten, das deutsch-griechische Jugendwerk offiziell ins Leben gerufen wurde.
Was sind Ihrer Meinung nach die zwei, drei wichtigsten Beispiele der Zusammenarbeit zwischen den griechischen und deutschen Kommunen innerhalb der Griechisch-Deutschen Versammlung?
Wir sagen immer: Wenn eine Partnerschaft von alleine läuft und wir sie nicht begleiten müssen, sondern die Kommunalpolitiker untereinander partnerschaftlich zusammenarbeiten, haben wir unser Ziel erreicht.
Es ist schwer bei der Fülle von Partnerschaften die „best of“ zu identifizieren. Ich möchte daher nur drei Beispiele aufgreifen, die sich besonders hervorgetan haben. Bemerkenswert ist die Partnerschaft von St. Ingbert und der Insel Chios im Bereich der Abfallwirtschaft und Energie, oder die Ausbildung von Schweißtechnikern auf Kreta um jungen Griechen Perspektiven zu geben, oder die Zusammenarbeit der Architektenkammer Baden-Württemberg mit der Stadt Kalamata zur Verschönerung des Stadtkerns.
Weitere Erfolge unserer Kooperation werden auf der Jahreskonferenz vorgestellt, um Kommunen zu motivieren diesen Beispielen zu folgen.
Stellungnahme zu den Reaktionen aus den „Märtyrer-Dörfern“ Kretas zur bevorstehenden Veranstaltung DGV VIII
Zunächst möchte ich noch einmal betonen, dass es sich bei der DGV um ein kommunalpolitisches Forum handelt. Uns geht es nicht um die „hohe Politik“, sondern um die praktische Zusammenarbeit „von unten“, die sich an den Alltagsproblemen der Menschen orientiert.
Wir Deutsche, bekennen uns zu unserer historischen und moralischen Verantwortung. Während der deutschen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg wurden in Griechenland furchtbare Verbrechen begangen. Vor allem auf Kreta wüteten die Besatzer besonders grausam. Dies brachte auch Bundespräsident Steinmeier bei seinem letzten Besuch in Griechenland zum Ausdruck.
Ich sehe das auch bei unseren deutschen Kommunalpolitikern, die sich im DGV-Netzwerk engagieren und sich der deutschen Vergangenheit bewusst sind. In den persönlichen Gesprächen zwischen Bürgermeistern, Landräten und Gouverneuren beider Länder wird dieses Thema oft angesprochen.
Umso mehr ist es für die deutschen Kommunalvertreter ein Anliegen, sich für den Austausch auf lokaler und regionaler Ebene einzusetzen, damit nie wieder ein solches Unrecht in Europa geschieht. Die DGV-Arbeit kann Brücken bauen.
Veröffentlicht auf AMNA am 28. Oktober 2018